Alphornbauer – Cattaneo

Schon beim ersten Kontakt per E-Mail mit Bruno Cattaneo spürt man seinen ansteckenden Enthusiasmus und seine einnehmende Herzlichkeit. Alphornblasen und das Handwerk des Alphornbaus verbindet er mit viel positiven Emotionen. Bruno ist gelernter Schreiner. Die Firma Cattaneo und Kunz – Bruno zusammen mit seinem Geschäftspartner Gioel Kunz, punktuell unterstützt vom Vater Claudio Cattaneo – erledigt unterschiedlichste Bodenleger-, Zimmermann- und Schreinerarbeiten. Die Herstellung von Alphörnern hat sich als ideale Ergänzung erwiesen. Seit ein paar Jahren nutzt Bruno die ruhigen Wintermonate von Mitte Dezember bis Ende Februar für den Bau einer Alphorn-Serie. Er sagt, dass er sich das ganze Jahr auf diese besondere Zeit freue – der Stress der Baustellen sei dann weg, und er findet eine grosse Befriedigung in seiner Tätigkeit.

Die Geschichte mit dem Alphorn begann 2012. Es war Liebe auf den ersten Ton. Von null auf erlernte Bruno das Alphornblasen; heute spielt er stolz und erfolgreich die zweite Stimme im Duo mit seinem Sohn. Zur gleichen Zeit begann er, mit dem Bau von Alphörnern zu experimentieren. Auch hier musste er sich das nötige Wissen erarbeiten. Vier Jahre lang machte er sich intensiv mit den Feinheiten von Klangholz vertraut, erforschte den Zusammenhang zwischen dem Verlauf der Mensur und Intonation. 2018 vernichtete ein Feuer sein Atelier in Roveredo. Dabei verlor er auch alle Pläne und Schablonen. Bruno nutzte diesen Rückschlag, um das Design seiner Hörner nochmals zu revidieren. Er erhöhte die Wandstärke auf 8.5mm, um die Stabilität der Töne und auch die Langlebigkeit seiner Instruments zu verbessern. Geblieben ist die traditionelle Herstellungsweise mit viel Handarbeit. Bis heute verzichtet Bruno auf CNC (statt dessen setzt er eine Kopierfräse ein). Wie die meisten anderen veranschlagt er für den Bau eines Alphorns rund 55 Arbeitsstunden.

Die Qualität des Klangholz ist ein zentraler Faktor für das Resultat. Bruno wählt die Haselfichten in der Region von Surses zusammen mit dem dortigen Förster aus und lässt sie dann im Winter nach Mondzyklus schlagen. Bis zur Verarbeitung lagert das Holz rund sechs Jahre, davon drei bei ihm.

Die Cattaneo-Hörner haben ein paar besondere optische Elemente. Am Fässchen und Becher wechseln sich schmucke Ringe von hellem und dunklem Holz ab. Bruno betrachtet dieses Muster als seine persönliche Signatur; verständlicherweise ärgert es ihn, dass es inzwischen von einem Alphornshop kopiert wurde. Das Motiv findet sich im schön gefertigten Abschlussring vor dem Becher wieder. Das weisse Schweizerkreuz schnitzt er aus Hirschgeweih – kein Alphorn für Veganer. Auf dem Füsschen ist der Schriftzug „El Chérn d’Alp“ eingebrannt – „Alphorn“ im lokalen Dialekt. Die gold-eloxierten Buchsen sind mit fünf Gummiringen abgedichtet. Bruno wickelt seine Hörner mit Pedigrohr. Für Kurt Ott hat er letztes Jahr erstmals ein ungewickeltes Horn gebaut; bei meinem Besuch stand ein zweites Exemplar mit Jahrgang 2023 für einen Bündner Kampfbläser kurz vor der Fertigstellung.

Bruno liess mich sowohl ein Alphorn aus der letzten Serie wie auch ein älteres, besser eingespieltes Horn ausprobieren. Das ältere Horn brauchte etwas weniger Kraft und klang etwas runder; in Intonation und Verhalten waren die beiden jedoch praktisch identisch. Bruno stimmt die Hörner auf 440Hz. Beim Probespiel im perfekt auf 20°C temperierten Verkaufsraum stimmte die Intonation sehr gut über den ganzen Bereich. Die Masse gibt dem Horn einen sehr schönen, vollen Klang mit gutem Volumen. Die Töne sitzen stabil und lassen sich in der Dynamik gut gestalten. In der Höhe brauchen sie etwas Kraft. Die Hörner sind trotz der Masse recht beweglich und reagieren gut auf Spielereien wie polyphones Spielen und Töne biegen. Insgesamt machen mir die Instrumente einen sehr polyvalenten Eindruck.

Bruno stellt seine (10er-)Serie von Alphörnern Ende Februar fertig. Bei meinem Besuch anfangs Februar waren bis auf zwei schon alle verkauft. Wer das Bestell-Fenster verpasst, muss sich also bis zum nächsten Frühling gedulden. Ein Cattaneo-Alphorn inlusive Tragtasche und Mundstück kostet 3’600 CHF. Die meisten Kunden kaufen ein zusätzliches Handrohr in F (400 CHF), Profimusiker oft zusätzlich auch G und As. Die Mundstücke bezieht Bruno von Heinz Tschiemer.

Auf der Website von Cattaneo & Kunz findet man zusätzlich Fotos von den fertigen Hörnern und dem Herstellungsprozess, sowie eine Dokumentation der RSI von 2017 (damals noch im alten Atelier in Roveredo). Bruno spricht mit seinen Kunden auch sehr gut Deutsch und Französisch. Unten ein paar Eindrücke von meinem Besuch im Februar 2023.

Fazit: Sehr gepflegte Handarbeit von einem Alphornmacher der nächsten Generation. Ein massives Allround-Horn mit schöner musikalischer Qualität.

Youtube Video: Deutsche Untertitel verfügbar (evt. in Youtube aktivieren)

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