Why Alphorn

Illustration: DALL·E 3 generiertes Bild basierend auf Text-Fragmenten der drei Sonnette „Why Alphorn“ von Thomas Heel.

Eins

Wo darfst du laut noch sein, im dichten Wohngestapel,
im Nirgendwo der wirren, durchgeknallten Welten?
Wo kannst du dich noch hören, ohne etwas gelten
zu wollen sollen mit ganz wenig Ego-Gezappel?

Im Proberaum vielleicht, gedämmt mit Eierkartons,
die einst nicht Plastik waren, sondern doppelt schluckten:
Gedudel und die Küken, ungebor‘ne Mucken,
die weiter zucken wie vergessene Bonmots.

In isolierten Kellern sprießt die Phantasie,
kreiert wirre Muster, die dich einsaugen
wie üble Schimmelpilze in deiner Lunge,
die dir jetzt einflüstern: Schlucke deine Zunge,
damit sich Klänge türmen, dich ganz auslaugen,
bis du realisierst: imaginäre Geografie.

Zwei

Das Alphorn ist ein Brett, wie Schier ohne Kanten
im Frei-Lawinen-Klang, wo Knochen brechen sanft
am Hahnenkamm voll Wonne Laute mit ungeahnten
Delays von Bildern von Bergen, Hannibals Elefant

Verwandt nur insofern, als dieser seinen Rüssel
am Arlberg flugs abwarf, ohne Ende streikte
und so versteinerte; ein Hirte ohne Whistle,
der bislang Blitz und Donner, Wind und Wetter likte,

ergriff in seiner Not, was er hielt für ‘nen Stock,
derweil Fossil es war von ungeahnter Größe;
und innen voll von Leere, fand das Milchgesicht

ein rockes Biwak vor, als es in es reinkriecht.
Ein Tor in einem Rohr, fast ganz bis auf die Füße,
aus Angst dünn pfeifend, erleidet einen Schock.

Drei

Ob Holz, ob Stein, Metall, ob Plastik, Schwein, vegan,
ob Leber-, Lungen-, Sinn-, ob Magen-, Darm- und Hirn-
tumore dich vergären, Dreck dein Dich befirn-
isst mit pickiger Patina von Ungetan’m,

beginnst du wohl zu suhlen dich im eig’nen Kot,
zu planschen im Bassin, dem alle Stöpsel fehlen.
Da denkst du dir beinah, nichts hätte mehr plemplem
so untergeh‘n können wie du, du U-Boot.

Gewiss so ähnlich fühlte auch der Tor im Rohr,
als er gewahr wurde, nunmehr festzustecken
in seiner Invention; gehandicapt im Tun,

bedeutungslos als Hirte, schallt er jetzt herum
und bläst pompös, fortissimo, pornös wie Zecken
in billigen Teigwaren, Zeugs in StyropOhren

Der Vorarlberger Musiker und Komponist Thomas Heel (Jg 1964) hat sich intensiv mit dem Alphorn auseinandergesetzt. In seiner Doktorarbeit von 2020, „The Alphorn Consort – Exploring the Simultaneous Use of Alphorns of Different Lengths“ erkundete er in Form eines Artistic Research Projektes die ästhetischen Möglichkeiten des mehrstimmigen Alphornblasens mit unterschiedlichen Stimmungen. Im Abel Verlag hat er die Sammlung alphOrnamente für 1-4 Alphörner publiziert. Die spannenden Stücke für fortgeschrittene Alphornbläser/innen gehen über die traditioneller Alphornmusik hinaus und lassen immer auch Raum für Improvisationen.

Die drei Sonette „Why Alphorn“ hat Thomas für naturtoene.ch verfasst – ein lyrischer Beitrag, die seine Wahrnehmung des Instruments wiedergibt. Zusätzlich hat Thomas den Text unten, „Gestutzte Flügel“, geschrieben. Es ist eine „halb erfundene“ Geschichte rund um den deutschen Klavierbauer (und Erfinder der Guillotine) Tobias Schmidt. Der Text hat insofern einen Bezug zum Alphorn, als das Flügelhorn in der „Sattelphase“ des Alphorns erfunden wurde – das Alphorn ging allerdings seither einen musikalisch anderen Weg.

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