Noten lesen für AlphornbläserInnen

Viele EinsteigerInnen ins Alphornblasen können nicht Noten lesen. Normalerweise wird ihnen empfohlen, sich eine Einführung in Musiktheorie zu beschaffen – als Buch, als App oder im Internet – und diese durchzuarbeiten. In der Tat reichen ein paar Stunden konzentriertes Selbststudium, um sich die notwendigen Kenntnisse anzueignen. Aufgrund der beschränkten Anzahl spielbarer Töne kann jedoch auf dem Alphorn gar nicht alles umgesetzt werden, was in der Musiktheorie vermittelt wird. Umgekehrt gibt es in der Notation von Alphornmusik ein paar Eigenheiten, welche in herkömmlichen Einführungen aussen vor bleiben. Aus diesem Grund wird oft der Wunsch nach einer spezifischen Einführung für AlphornbläserInnen geäussert. Voilà!

Noten definieren möglichst eindeutig, auf kompakte Weise und in allen Sprachen verständlich für jeden zu spielenden Ton:

Im folgenden werden diese vier Aspekte nacheinander erklärt.

Teil 1: Rhythmus

Rhythmus ein zentrales Element der Alphornmusik. Das Alphorn folgt dabei der Standard-Notation. Deren Elemente werden hier sehr kurz erläutert. Es ist wichtig, dass du die Konzepte nicht nur im Prinzip verstehst, sondern sie auch anwenden kannst. Das erreichst du nur mit üben. Eine ausgezeichnete Sammlung von Rhythmus-Übungen findest du hier. Ich empfehle dir dringend, nach den Erklärungen die passenden Übungen dort zu machen. Wichtig sind insbesondere Übungen, in denen unterschiedliche Notenwerte und Pausen in unterschiedlichen Taktarten kombiniert werden.

Puls

Wahrscheinlich hast du beim Musikhören schon unbewusst mit einem Fuss mit-gewippt, mit dem Kopf im Takt genickt, den Oberkörper hin- und her-bewegt, mitgetanzt oder in der Gruppe geschunkelt. (Fast) jede Musik hat einen spürbaren Puls: einen regelmässigen Grundschlag, an dem sich die anderen musikalischen Elemente ausrichten.

Meistens (zu den Varianten kommen wir später) wird dieser Grundschlag als „Viertelnote“ notiert. Unten siehst du 16 Viertelnoten auf einer Notenlinie. Jede Viertelnote besteht aus dem Notenkopf (der schwarze Punk) und dem Notenhals (der vertikalen Linie, die vom Punkt nach oben zeigt). Manchmal wird zur besseren Darstellung die Note um 180° gedreht – der Notenhals zeigt dann nach unten; das ist rein optisch und hat für dich beim Spielen keine Bedeutung. Die Notenlinie kannst du dir als Zeitachse von links nach rechts vorstellen, d.h. die 16 Viertelnoten werden von links nach rechts nacheinander gespielt:

Takt

Der Puls alleine schafft noch keine Struktur. Dazu werden die einzelnen Schläge in Gruppen zusammengefasst. Eine solche Gruppe nennt man einen „Takt“. Am häufigsten sind 4-er Gruppen (Varianten folgen später). Unten siehst du, wie die 16 Viertelnoten in vier Takte zu je vier Viertelnoten gruppiert wurden. Da jeder Takt aus vier Viertelnoten besteht, nennt man einen solchen Takt einen „Vier-Viertel-Takt“ oder „4/4 Takt“.

Um die Unterteilung in Takte hörbar zu machen, wird jeweils der erste Puls betont. Du kannst zudem im Takt mitzählen („Eins-zwei-drei-vier, Eins-zwei-drei-vier …“):

Notenwerte

Neben den Viertelnoten gibt es weitere Notenwerte:

Achtelnoten

Eine Achtelnote dauert halb so lang wie eine Viertelnote. Im Zeitraum eines Pulses haben also zwei Achtelnoten Platz. Optisch unterscheidet sich die Achtelnote von der Viertelnote durch eine kleine „Fahne“ am Notenhals. Zur besseren Lesbarkeit können Achtelnoten auch in Gruppen notiert werden, dann werden aus den Fahnen Balken über die ganze Gruppe (das hat keinen Einfluss auf die Spielweise). Um den Unterschied zwischen Puls (Viertelnoten) und den Noten (Achtelnoten) hörbar zu machen, habe ich in der Vertonung unten einen Metronom hinzugefügt. Auf jede zweite Achtelnote hörst du ein Schlagholz und jeweils auf den ersten Puls eines Taktes klingt es etwas höher:

Zum Erlernen der Notenwerte finden es manche hilfreich, mit einem Fuss im Takt zu wippen. Die Fussspitze schlägt dabei auf jeden Puls (also bis jetzt auf jede Viertelnote) auf den Boden. Achtelnoten werden gespielt, wenn die Fussspitze den Boden berührt und ebenfalls wenn sie wieder die Gegenbewegung nach oben macht. Diese Technik hilft, Ordnung in die Sache zu bekommen – achte aber darauf, dass daraus keine Roboterbewegungen werden!

Sechzehntelnoten

Sechzehntelnoten sind halb so lang wie Achtelnoten. Pro Viertelnote stehen damit vier Sechzehntelnoten. Optisch erkennst du die Sechzehntelnoten an der doppelten Fahne beziehungsweise am doppelten Balken:

Halbe Noten

Halbe Noten sind doppelt so lange wie Viertelnoten. Eine halbe Note wird also über zwei Puls-Schläge ausgehalten. Notiert wird sie ähnlich wie die Viertelnote, aber mit einem leeren Notenkopf:

Ganze Noten

Ganze Noten sind viermal so lange wie Viertelnoten, werden also über vier Puls-Schläge ausgehalten. Sie werden als leerer Notenkopf ohne Notenhals notiert:

Punktierte Noten

Steht rechts neben der Note ein Punkt, spricht man von „punktierten Noten“. Durch die Punktierung verlängert sich die Notendauer um die Hälfte. Eine punktierte Viertelnote ist demnach gleich lang wie eine Viertelnote plus eine Achtelnote. Eine punktierte Achtelnote ist gleich lang wie eine Achtelnote plus eine Sechzehntelnote. Und so weiter:

Triolen und n-tiolen

Neben der Halbierung und Verdoppelung der Notendauer sind auch Drittel verbreitet. Bei Triolen entsprechen jeweils drei Noten der Dauer von sonst zwei solcher Noten. Sie werden mit der Zahl 3 über oder unter der Notengruppe notiert. Zu Beginn des ersten Taktes steht unten eine Triole aus Achtelnoten; sie dauert gleich lang wie sonst zwei Achtel, also eine Viertelnote. Also sind die Sechzehntel-Triolen im zweiten gleich lang wie eine Achtelnote. Im dritten Takt nehmen die drei Viertelnoten die Dauer von zwei Schlägen.

In der Alphornmusik kommen neben den Triolen auch Quintiolen, Sextiolen und Septiolen vor. Unten als berühmtes Beispiel der Frutt-Kühreihen von Gassmann. Solche n-Tiolen werden in der Regel nicht strikt im Takt gespielt; siehe hier für eine Interpretation des Frutt-Kühreihen.

Pausen

Zu jedem Notenwert gibt es einen entsprechenden Pausenwert:

Wie bei den Notenwerten wird eine punktierte Pause um die Hälfte verlängert. Eine Pause bedeutet übrigens nicht, dass du in dieser Zeit keine Musik machst. Stille hat immer eine musikalische Funktion: du überlässt anderen Stimmen den Raum, du lässt Musik im Kopf nachklingen und strukturierst die Melodie. Hingegen bedeutet eine Pause, dass du für einen Moment keinen Ton bläst. Unten ein kurzes Beispiel für die Verwendung von Pausen. Die roten Striche zeigen dir die Metronomschläge, die grauen Flächen die geblasenen Töne. Beachte, dass die Pausen durchaus auch auf den Schlag fallen können (man spricht dann manchmal von Synkopen). Im zweiten Takt geht auch die synkopierte Viertelnote über die einen Schlag hinaus.

Taktarten

Taktarten haben einen wichtigen Einfluss auf den Gesamteindruck. Du merkst das am besten, wenn du zur Musik tanzt. Bisher haben wir alle Beispiele im 4/4-Takt geschrieben. Andere Taktarten mit Pulsschlägen auf jede Viertelnote sind der 2/4-Takt und 3/4-Takt („Walzertakt“; „Eins-zwei-drei, Eins-zwei drei…“):

Neben diesen „geraden“ Rhythmen auf Viertelnoten gibt es auch „ternäre Rhythmen“, bei denen der Puls jeweils auf eine Dreiergruppe von Achtelnoten bzw. eine punktierte Viertelnote fällt:

Tempo

Tempo bedeutet Geschwindigkeit. In der Musik wird sie nicht mit km/h sondern mit Pulsschlägen pro Minute gemessen (englisch: beats per minute, bpm). Bei geraden Rhythmen entsprechen die Pulsschläge den Viertelnoten, bei ternären Rhythmen den punktierten Viertelnoten. Manchmal findet man solche präzise Angaben über der ersten Note. Hier ein Beispiel aus dem Stück Walking von Arkady Shilkloper:

Häufiger (und poetischer) sind jedoch italienische Instruktionen. Unten eine Liste mit den gebräuchlichsten Tempo-Bezeichnungen. Rechts davon die im deutschen Sprachraum verbreitete Übersetzung in Pulsschläge pro Minute:

Bezeichnungbpm
Largo40–60
Larghetto60–66
Adagio66–76
Andante76–108
Moderato108–120
Allegro120–168
Presto168–200

Neben diesen häufigsten Tempi gibt es zahlreiche weitere italienische Geschwindigkeitsangaben (siehe den entsprechenden Wikipedia-Eintrag). In der Alphornmusik kommen auch je nach Fantasie der KomponistInnen individuelle Ausdrücke hinzu („gemütlich“, „getragen“, „nicht zu langsam“, ….). Beachte auch, dass die Übersetzung der italienischen Bezeichnungen in bpm nicht verbindlich geregelt ist. Auf deinem Metronom stehen möglicherweise andere Werte als in der Tabelle oben. Bei der Arbeit mit Notenmaterial ist es auf jeden Fall ratsam, mit einem Metronom zu arbeiten. Falls du keinen Metronom besitzt, findest du zahlreiche online Metronomen (z.B. hier) oder Apps für das Mobiltelefon.

Teil 2: Tonhöhen

Bei den Erläuterungen zum Thema Rhythmus im ersten Teil gab es nichts, wo sich das Alphorn von anderen Instrumenten unterschieden hätte. Bei den Tonhöhen jedoch lebt das Alphorn in seiner eigenen Welt. Ohne in die Details zu gehen (für eine ausführliche Erläuterung, siehe Lektion 3 des Einführungskurses): die auf dem Alphorn spielbaren Töne weichen von den Tönen anderer Instrumente ab. Da die Notenschrift nicht in erster Linie für’s Alphorn entwickelt wurde, bedeutet dies, dass notierte Alphornmusik in ein eigentlich unpassendes Notationskorsett gezwängt wird. Zudem ist sind die zahlreichen historischen Konventionen der Notation ziemlich kompliziert. Als AlphornbläserIn bleibt dir aber nichts anderes übrig, als mindestens die Elemente dieser Notenschrift zu verstehen, die du zur Übersetzung von Strichen und Punkten in Töne benötigst.

Notensystem

In Teil 1 haben wir die Töne auf der Zeitachse aneinander gereiht (=Rhythmus). Mit der Tonhöhe kommt nun eine zweite Dimension hinzu. Unten siehst du ein leeres Notensystem. Die fünf Notenlinien des Notensystems bilden darin quasi die Y-Achse. Je höher die Note in diesem Raster, umso höher auch der Ton. Am Anfang der Zeile steht ein neues verschnörkeltes Zeichen, ein „Violinschlüssel“. Der Violinschlüssel dient als Referenz für das Notensystem, d.h. eine Note auf einer bestimmten Notenlinie hat eine fix definierte Tonhöhe. Es gibt auch andere Notenschlüssel (z.B. den Bassschlüssel), bei denen dann eine Note auf derselben Notenlinie eine andere fixe Tonhöhe hat. Beim Alphorn spielst Du aber praktisch immer auf einem Notensystem mit Violinschlüssel.

Notenlinien und weisse Klaviertasten

Wie eingangs erwähnt, ist das Notensystem auf „Standard-Instrumente“ zugeschnitten. Am anschaulichsten siehst du dies beim Klavier. In der Grafik unten siehst du eine um 90° gedrehte Klaviertastatur. Die weissen Tasten liegen jeweils abwechselnd auf einer Notenlinie bzw. im Zwischenraum zwischen zwei Notenlinien. Auf dem Klavier sind die tiefen Töne links und die hohen Töne rechts; bei der gedrehten Tastatur steigt die Tonhöhe also von unten nach oben. Rot eingetragen siehst du eine Note mit Notennamen „c2“. Sie befindet sich im Zwischenraum über der mittleren Notenlinie bzw. links von einem Zweiergrüppchen von schwarzen Tasten (auf einer vollständigen Klaviertastatur etwas rechts der Mitte).

Der Tonumfang eines Alphorns sprengt die Grenzen der fünf Notenlinien. Deshalb wird das Notensystem mit Hilfslinien nach oben und unten erweitert. Unten siehst alle Noten „c“ im Tonumfang eines Alphorn. Der allertiefste Ton („Bass-C“, „grosses C“ oder auch „Pedalton“ genannt) liegt auf der achten Hilfslinie unter dem Notensystem im Violinschlüssel. Die Hilfslinien sind kurze horizontale Striche (schwarz) am Notenhals. Alternativ könnte man die untersten Töne in einem Notensystem mit Bassschlüssel abbilden; der Pedalton läge dann auf der zweiten Hilfslinie unter dem Notensystem mit Bassschlüssel. Das entsprechende System ist grau in der Grafik hinterlegt. Der höchste Ton („c3“) liegt auf der zweiten Hilfslinie über dem Notensystem mit Violinschlüssel.

Alphorn-Noten

Auf dem Alphorn können wir nicht alle Töne spielen, für die es auf dem Klavier Tasten gibt. Unten eine Darstellung mit den spielbaren Tönen. Der Pedalton (hier im Bassschlüssel notiert) kommt in der Alphornmusik praktisch nicht vor. Die vier obersten Töne verlangen einen starken Ansatz – nur für sehr fortgeschrittene AlphornbläserInnen. Der übliche Tonumfang von Alphornmusik liegt somit im weissen Bereich.

Unterhalb der Grafik findest du die passenden Notennamen. Die Namensgebung bei Noten folgt gewissen Konventionen, mit eigenartigen Ausnahmen und internationaler Sprachverwirrung. Falls du die Details lernen möchtest, kannst du beispielsweise hier nachlesen. Grundsätzlich reicht es zum Alphornspielen, wenn du die Namen der Töne in deinem Tonumfang kennst. Zur Aussprache: c1 wird auch als „eingestrichenes c“, c2 als „zweigestrichenes c“ ausgesprochen; manchmal sieht man auch die Notation c‘ und c“.

Vor den Noten b1 und b2 siehst du ein sogenanntes „Versetzungszeichen“ (ähnlich wie der Buchstabe b). Es bedeutet, dass die Note auf dem Klavier nicht auf der entsprechenden weissen Taste gespielt wird, sondern auf der schwarzen Taste einen Halbton darunter (auf der Tastatur links). Bei der Note h2 ist zudem ein sogenanntes „Auflösungszeichen“ notiert. Dieses annulliert das vorgehende Versetzungszeichen und macht aus der Note „b2“ wieder die Note „h2“ – sie wird wieder auf der weissen Taste gespielt. Das fa hat ebenfalls ein Versetzungszeichen (eine Art #). Es bedeutet, dass die Note auf der schwarzen Taste einen Halbton darüber (nach rechts) gespielt wird; die entsprechende Note heisst auf dem Klavier „fis2“, im Kontext des Alphorns nennt man sie wegen der besonderen Stimmung aber „fa“ oder „Alphorn-fa“. Um uns AlphornbläserInnen zusätzlich zu verwirren, werden Alphornstücke manchmal ohne Versetzungszeichen notiert. Manchmal kommen auch leicht andere Versetzungszeichen zur Anwendung, um die Stimmung der Naturtonleiter besser zu reflektieren. All dies hat jedoch auf die Umsetzung keinen Einfluss – die spielbaren Naturtöne ändern sich wegen ein paar Strichen auf dem Papier nicht.

Unten siehst du die entsprechenden Klaviertasten für den üblichen Tonumfang c-g2. Probiere die Töne auf einem Klavier aus; falls du keines hast, gibts es hier ein virtuelle Klavier.

Die Noten c, c1 und c2 haben denselben Buchstaben im Namen. Wenn du sie Noten auf dem Klavier spielst, dann merkst du, dass sie zwar eine unterschiedliche Tonhöhe haben, aber sehr ähnlich klingen. Tatsächlich ist es „derselbe Ton“, aber um eine Oktave bzw. zwei Oktaven verschoben. Eine Oktave ist der Tonraum zwischen acht (Latein „octo“) weissen Klaviertasten. Im gewohnten Tonumfang gibt es weitere Oktaven: g-g1-g2 und e1-e2.

So klingen die Noten auf dem Alphorn

Alphörner sind in F oder Fis gestimmt. Das bedeutet, dass eine auf dem Alphorn als „c“ gespielte Note wie ein F oder eben Fis klingt. Die ganze Notenskale wird also um 7 (F-Horn) bzw. 6 (Fis-Horn) Halbtöne nach unten verschoben. Diese Parallelverschiebung nennt man „transponieren“. In der Grafik siehst du diesen Vorgang unten für ein F-Horn dargestellt; das Notensystem rutscht gegenüber der Klaviertastatur nach unten. Die Note c2 entspricht nun nicht mehr der selben Taste auf dem Klavier, sondern liegt 7 Klaviertasten (7 Halbtöne; dabei schwarze und weisse Tasten zählen) weiter unten/links – auf der Taste f1. Alternativ kannst du auch das Klavier auf dein Alphorn herunter-stimmen. Beim oben verlinkten virtuellen Klavier stellst du dazu den Transpose-Schalter auf -7 bzw. -6; damit klingt jede Note um die entsprechende Anzahl Halbtöne verringert.

In der folgenden Tabelle kannst du hören, wie die unterschiedlichen Noten auf einem Alphorn in F und Fis klingen.

DEENFFis
CC2
cC3
gG3
c1C4
e1E4
g1G4
b1Bb 4
c2C5
d2D5
e2E5
faF# 5
g2G5
a2A5
b2Bb 5
h2B5
c3C6

Die englischen Notenbezeichnung in der zweiten Kolonne helfen dir bei der Verwendung einer Stimmgeräte-App oder auf einem elektrischen Klavier. Es empfiehlt es sich dabei, wenn immer möglich die Stimmung auf F bzw. Fis herunterzusetzen – sonst musst du jedes Mal im Kopf transponieren! Bei der Verwendung von Stimmgeräten wirst du auch sehen, dass gewisse Töne – vorallem b1, fa und b2 – auf dem Alphorn stark abweichen. Das ist kein Intonationsfehler, sondern liegt daran, dass das Alphorn ein Naturtoninstrument ist. Für Details siehe Lektion 3 des Einführungskurses. Bei der Tuner-App von Tonal Energy kann die Stimmung an das Alphorn angepasst werden, so dass die Intonation relativ zur Naturtonleiter gezeigt wird (siehe hier).

Bei den Tonhöhen gilt dasselbe wie beim Rhythmus: nur durch üben wirst du zum Meister / zur Meisterin. Aber du musst ja nicht gleich alle 16 Naturtöne identifizieren können. Als AnfängerIn ist dein Tonumfang auf dem Alphorn sowieso auf ein paar wenige Töne beschränkt. Es reicht deshalb vorerst, dass du weisst, wo deine Töne im Notensystem liegen. Wenn du kontinuierlich an den Übungen arbeitest, verinnerlichst du die Verbindung von Notation und Ton im Spiel. Sobald dein Tonumfang wächst, gesellen sich in homöopathischen Dosen neue Noten hinzu. Bis du ins g2 kommst, wirst du so die 11 Noten des gängigen Tonumfangs gelernt haben.

Teil 3: Gestaltung

Bisher haben wir Töne in zwei Dimensionen verteilt: auf der Zeitachse und in der Tonhöhe. So definiert die Lochkarte abschliessend die Musik auf einer Drehorgel. Beim Alphorn haben wir glücklicherweise weitere Gestaltungselemente: Wir können lauter oder leiser spielen (Dynamik) und die Töne unterschiedlich anblasen (Artikulation). Auf einer strukturellen Ebene (Struktur) können wir mehrere Stimmen verbinden und einzelne Teile anordnen. Die Notenschrift kennt für diese unterschiedlichen Gestaltungselemente gewisse Konventionen, die du kennen solltest.

Dynamik

In der Musik ist mit „Dynamik“ die Lautstärke gemeint. Üblicherweise werden die italienischen Kürzel verwendet.

AbkürzungAusspracheBedeutung
ppppiano-pianissimoso leise wie möglich
pppianissimosehr leise
ppianoleise
mpmezzo pianomittel leise
{\displaystyle mf}mezzo fortemittel laut
ffortelaut
{\displaystyle ff}fortissimosehr laut
{\displaystyle fff}fortissimo forteso laut wie möglich

Dynamik-Angaben stehen unter der ersten Note, ab der sie gelten. Siehe als Beispiel die erste Zeile des Stücks Alpsegen von Robert Körnli:

Manchmal wird die Dynamik während des Stücks dynamisch verändert. Im Beispiel oben siehst du im vorletzten Takt eine sich öffnende Schere; sie zeigt, dass die Lautstärke über diesen Bereich vom vorherigen mezzo forte zum nachfolgenden forte ansteigt. Analog zeigt eine sich schliessende Schere eine abnehmende Dynamik. Statt der Schere stehen manchmal die Abkürzungen cresc. (crescendo, lauter werdend / wachsend) und dim. (diminuendo, leiser werdend)

Artikulation

Töne können in ihrem Lebenszyklus unterschiedlich gestaltet werden. Über die Umsetzung auf dem Alphorn findest du mehr in Lektion 7 des Einführungskurses. Hier beschränken wir uns auf die wichtigsten Notationsregeln.

NotationKlingtUmsetzung
Legato: die Noten werden zusammen gebunden (kontinuierliche Luftführung).
Staccato: die einzelnen Noten werden angestossen und deutlich kürzer gespielt
Tenuto: die Noten werden über den Schlag hinweg gehalten
Marcato: die Note wird betont / akzentuiert
Fermate: die Note wird angehalten; für einen Moment bleibt die Zeit im Klang stehen.

Wiederholungen und Sprünge

Oft werden in einem Alphornstück unterschiedliche Teile zusammengefügt. Mit Wiederholungen kannst du Platz auf dem Notenblatt sparen. Im Notenbeispiel unten siehst du Ende des zweiten Taktes einen Doppelpunkt. Er sagt, dass die Takte vor dem Doppelpunkt zwei Mal gespielt werden. In Takt 4 steht der Doppelpunkt am Anfang. Dies bildet mit dem nächsten Doppelpunkt einen Bereich, der wiederholt wird. Schliesslich steht über Takt 5 ein Strich mit der Zahl 1. In Takt 6 steht der ensprechende Teil 2. Beim ersten Durchgang des zu wiederholenden Bereichs wird Takt 5 gespielt, beim zweiten Durchgang ab Bereich 6. Im vollständigen Durchlauf spielst du also 1-2-1-2-3-4-5-4-6-7.

Oft wird am Ende der erste Teil nochmals wiederholt. Dazu wird in der Regel der Ausdruck „da capo“ (D.C., nochmals von Anfang) verwendet. Normalerweise endet das Stück dann beim Wort „Fine“ (Ende); da du dem Wort schon im ersten Durchlauf begegnest, wird der Teil 2-3 nicht nochmals wiederholt. Das Beispiel unten spielst du also 1-2-3-2-3-4-5-1-2-3.

Manchmal gibt es in solchen Situationen auch einen speziellen Schlussteil – die „Coda“ (Schwanz). Im Beispiel unten enden die Noten in Takt 5. Statt da capo wird diesmal „da segno“ gespielt. Das Segno (Zeichen) ist das verschnörkelte Symbol am Anfang von Takt 2. Ab dort wird also bis zum Coda Zeichen am Ende von Takt 3 gespielt, und dann direkt zu Takt 6 gesprungen. Die gesamte Folge ist also 1-2-3-4-5-2-3-6-7.

Mehrstimmige Aphornnoten

Wenn mehrere Stimmen zusammenspielen, werden die Notensysteme in einer „Akkolade“ (Umarmung) zusammengefasst. Unten als Beispiel die ersten Takte des Stücks Mélodie insolite von Robert Scotton. Beachte die eckige Klammer links. Die 1. Stimme steht zuoberst, darunter die 2. und 3. Stimme. Für die 3. Stimme wird oft auf Dynamik-Angaben verzichtet – sie bildet die Bass-Basis und wird in der Regel durchgehend mezzo forte oder forte gespielt. Speziell an dem Stück ist zudem, dass zwei Fis-Hörner (französisch Fa#, „fa-dièze„) und ein F-Horn zusammenspielen.