Alphornbauer – helvetic alphorn

Nach einem Herzinfarkt beschloss Roland Zahner im Jahr 2009, seine Prioritäten neu zu ordnen. Er fuhr seinen Bürojob herunter und nahm die handwerkliche Tätigkeit wieder auf, die er seit der Lehre als Modellschreiner vernachlässigt hatte. Ein erstes neues Projekt fand er mit den „Wiler Hofpferden“ – edle Holz-Schaukelpferde im Sortiment und Logo von Franz Carl Weber. Wegweisend war dann der zufällige Kontakt mit dem Gérald Pot im Januar 2010. Pot erzählte ihm von seiner Tätigkeit als Alphornbauer und dass er jemanden suche, der seine Arbeit weiterführe. Roland war sofort begeistert. Das war der Anfang einer bewegten Beziehung zwischen dem Walliser Meister und seinem Ostschweizer Schüler. Im Rückblick spricht Roland vor allem mit Respekt und Dankbarkeit von Pot, der ihm die Geheimnisse des Alphornbaus über eine mehrmonatige Lehrzeit hinweg offenbart hat.

Roland widmet heute etwa 40% seiner Zeit dem Alphornbau. Daneben arbeitet er als technischer Berater für eine spezialisierte KMU. Mit diesem Mix ist er glücklich. Bei der Herstellung der helvetic Alphörner kombiniert er traditionelles Handwerk mit moderner Fertigung. Becher und Innenleben fräst er auf einer CNC-Maschine, mit der er sich bei einem befreundeten Schreiner eingemietet hat. Den Rest erledigt er in seiner Werkstatt bei Uzwil. Dort dreht er auch die Rohre auf einer tonnenschweren Drehmaschine aus Sowjetproduktion. Meistens arbeitet Roland alleine; beim Pedigrohr-Wickeln unterstützt ihn eine Teilzeitmitarbeiterin, und punktuell geht ihm ein Freund zu Hand. Er schätzt den Anteil Handarbeit pro Alphorn auf 50-60 Stunden. So kann er etwa 20 Alphörner pro Jahr produzieren. Zusätzlich verkauft er unter der Marke helvetic Mundstücke, die er nach seinen Plänen in einer Drechslerei CNC-fräsen lässt und dann selber von Hand fertigstellt.

Das Design der helvetic Alphörner folgt den Hörnern von Pot. Einzig die Becherform hat Roland optisch und akustisch optimiert. Die Hörner stechen durch ihre sehr breite Mensur ins Auge: der Rohrdurchmesser weitet sich vom Fässchen zum Becher beinahe linear. Dadurch kann er auch zwei Teile ineinander verstauen. Mit einer Wanddicke von etwa 7.5mm sind die Alphörner auf der massiven Seite. Roland baut seine Alphörner in Fichte, als beliebte Variante mit einem Becher in Arve. Das Holz bezieht er von verschiedenen Sägereien zwischen Albula und Neuchâtel – Mondholz und Haselfichte verspricht er nicht. Seine Instrumente lackiert er innen (mit einem 2-Komponenten Polyurethanlack) und aussen. Die Details wie Füsschen, Abschluss- und Becherring sind schlicht und sauber verarbeitet – besonders hübsch finde ich das Fässchen. Die Buchsen bestehen aus gold-eloxiertem Aluminium. Roland baut die Hörner vierteilig – aktuell entwickelt er ein achtteiliges (Reise-)Alphorn mit Bajonett-Verschluss.

Bei meinem Besuch in seiner Werkstatt konnte ich zwei Alphörner ausprobieren – ein Becher in Fichte und einer in Arve. Wie erwartet, klangt das Instrument mit dem Arven-Becher etwas wärmer, ansonsten konnte ich keine nennenswerten Unterschiede feststellen. Roland stimmt seine Alphörner auf a1=442Hz. Der Test fand draussen bei 10°C statt – zudem mit zwei unterschiedlich angewärmten Hörnern. Aufgrund des zu erwartenden Temperatureffekts lag die gemessene Intonation im Durchschnitt 24 bzw 28 Cts zu tief. Beim Nachmessen der Aufnahmen zuhause habe ich beobachtet, dass sich die Töne zwischen c und g“ etwa +/- 13 Cts um die Naturtonleiter herumschlängeln (über g“ liegen sie deutlicher darunter): halbwegs geübte BläserInnen sollten also ohne Probleme auf diesen Instrumenten sauber intonieren können. Besonders gut gefallen hat mir die Dynamik. Die Hörner lassen sich geschmeidig vom zarten Pianissimo auf Fortissimo drücken und haben dort einen vollen Sound mit reichen Obertönen – ein echtes „Powerhorn“. Sie sind auch überdurchschnittlich offen für Spielereien wie Töne biegen oder polyphones Spiel. Die Töne sprechen sauber an, brauchen im Legato aber genügend Druck und Kontrolle. Schnelles Staccato-Spiel gelang trotz der Masse überraschend gut.

Der Preis eines helvetic-Alphorns inklusive Tragtasche beträgt 3’700 CHF. Für diverse Stimmungen von Es bis B gibt es passende Rohr-Kits zwischen 300-600 CHF. Potentielle KäuferInnen müssen sich auf eine Lieferfrist von etwa einem Jahr einstellen. Roland hat eine solide Kundenbasis bei den „Wilden“. So verkauft er regelmässig Alphörner nach USA. Allmählich macht er sich aber auch einen guten Ruf in den traditionellen Verbänden.

Zusätzlich Informationen findet man auf Facebook und der Website von helvetic alphorn. Dort gibt es auch einen professionell gemachten Image-Film, der Roland bei der Herstellung eines Alphorns zeigt. Weitere Eindrücke in meinem Video unten:

Fazit: Sauber verarbeitetes Instrument mit charakteristischer Mensur. Ein ideales Alphorn, um draussen in den Bergen zu spielen, das aber mit seiner zivilisierten Dynamik auch im Ensemble einen guten Eindruck hinterlässt.

4 Kommentare

  1. Vielen Dank für den differenzierten Beitrag über die schönen, sehr sorgfältig verarbeiteten und gutklingenden Alphörner von Roland Zahner. Der Beitrag erwähnt richtigerweise die auffallend grosse Mensur der Hörner, die einen erheblichen Anteil am verhältnismässig hohen Gesamtgewicht hat. Der Becher selbst ist sehr leicht und dünnwandig gearbeitet. Bezüglich Stimmung und Intonation ist der Beitrag leider zu wenig aussagekräftig. Es wäre entscheidend zu wissen, wie der Autor misst. Bezieht er seine Aussagen auf eine temperierte Stimmung oder bezieht er sich auf reine Intervalle? Als sehr guter Kenner der Alphörner von Gérald Pot und Roland Zahner kann ich aus Erfahrung sagen, dass gerade die kritischen Quinttöne, die bei vielen Alphörnern gegenüber der temperierten Stimmung deutlich zu tief sind, bei den Hörnern von Roland Zahner hervorragend stimmen. 3. und 6. Naturton müssen gegenüber der temperierten Stimmung höher sein, die Dur-Terzen 5. und 10. NT deutlich tiefer. In den Randlagen, d.h. unter dem 4. und über dem ca. 10. NT sind Aussagen zudem schwierig, da sie sehr stark vom Können des Bläsers und nicht zuletzt vom verwendeten Mundstück abhängen.
    Freundliche Grüsse Christian Brühwiler

    1. Hallo Christian, danke für das detaillierte Feedback. Ich messe die Abweichungen gegenüber der Naturtonleiter, also gegenüber den reinen Intervallen. Dazu mache ich mehrere Aufnahmen mit gehaltenen Tönen von 3-4 Sekunden zwischen C und c“'(ohne Stimmgerät) und messe dann die Frequenzen in meiner DAW zuhause. Zusätzlich mache ich noch eine Runde mit Töne biegen, um zu sehen, wie sich die Intonation verändern lässt und spiele auch einen Teil des Testprogramms mit Blick auf den Tuner. Aussagen zur Intonation aufgrund eines Testspiels sind generell etwas heikel, weil subjektive Faktoren und Störvariablen (bei Roland die Temperatur von Luft und Instrumenten) einen grossen Einfluss haben. Da ich keine Ausrüstung habe, um die Instrumente objektiv auszumessen (z.B. B.I.A.S.), beschränke ich mich darum auf eine summarische Beurteilung. Umso wertvoller sind die Erfahrungen von Leuten wie Dir!

  2. Seit einigen Jahren kenne ich die Instrumente von Roland Zahner. Sie verkörpern für mich das Ideal des klassischen Alphornes. Die Instrumente spielen sich sehr gut. Der Klang ist warm, sonor und mischfähig. Sie zeichnen eine Wendigkeit in Artikulation und grossem dynamischen Spielraum. Die Fertigung ist makellos. Gern empfehle ich diese schönen Instrumente weiter.

    Henrich Schäfer, Hornist der NDR RADIOPHILHARMONIE, ALPHORN HANNOVER

  3. Die Mundstücke von helvetic alphorn – Roland Zahner – sind derart gut hergestellt- dass sie dem Spielenden hervorragende , runde, warme Klanggebung ermöglichen –
    Ich habe das beim Bärtschi- Horn und beim Stockerhorn mit dem jeweilig passenden Konus des Mundstücks feststellen können.
    Kompliment für diese herausragende Mundstückarbeit – & Entwicklung 👍🏻
    Liebe grüsse
    Florian Burgener, Oberwallis
    Alphornist und Berufsmusiker
    Alphornjuror EJV

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