Hans Aebi weiss, wie Holzverarbeitung geht. Als gelernter Drechslermeister hat er darin fünf Jahrzehnte Erfahrung. Nach Lehre und Wanderjahren baute er ab 1990 erfolgreich seine eigene Drechslerei auf. Er musste sich dabei der wandelnden Nachfrage nach Holzprodukten ständig anpassen und sich in modernen Fertigungsprozessen weiterentwickeln. Dieses Wissen im Umgang mit CNC-Maschinen half ihm, als er 2014 mit dem Alphornbau begann. Gleichzeitig stieg er ins Alphornblasen ein; inzwischen spielt er bei mehreren Formationen.
Mit dem Erreichen des Pensionsalters hat Hans seinen Betrieb verkauft. Die neuen Eigentümer möchten den Alphornbau als Geschäftszweig weiterführen und haben dafür eine Mitarbeiterin im 80%-Pensum angestellt. Ziel ist ein jährlicher Ausstoss von 30-40 Alphörnern unter der Marke Aebi; den Vertrieb hat jüngst resunar übernommen. Die fliegende Stabsübergabe hat Hans also aufgegleist. Vorerst bleibt er selber aber in der Produktion involviert, und er macht nicht den Eindruck, dass sich das in naher Zukunft ändern wird. Die Hörner werden in Wilderswil auf den modernen Maschinen gefräst und dann in der Nähe von Herzogenbuchsee fertiggestellt. Damit bleibt die geografische Nähe zum Kundennetzwerk erhalten.
Seine ersten Alphörner beruhten auf Plänen unbekannter Provenienz. Hans pröbelte mehr als ein halbes Jahr am Design, bis Mensur und Intonation stimmten. Geholfen haben ihm seine Erfahrung als Posaunist und ein befreundeter Alphornbauer in der Gegend. In jüngster Zeit experimentiert Hans zusammen mit einem Instrumentenbauer auch an einem Alphorn mit einer Intonation nahe an der gleichstufigen Stimmung.
Mit einem Becher-Durchmesser von 23cm bewegen sich die Aebi-Alphörner in der Nähe zum klassischen Berner Design. Hans baut gewickelte und ungewickelte Alphörner in Fichte, Arve und Weymouth-Kiefer. Arve und Fichte bezieht er aus dem Engadin – beide werden als Mondholz geschlagen; die Weymouth-Kiefer stammt aus dem Oberaargau. Die Verarbeitung ist makellos. Bei den gewickelten Hörnern bilden – statt eines Rings – ein paar Zentimeter ungeschältes Pedigrohr den Abschluss zum Becher. Bei den ungewickelten Hörnern ist das Aebi-Logo stolz auf den elegant-braunen Buchsen eingeprägt. Ring, Fässchen und Füsschen sind schlicht. Die Wanddicke der Aebi-Alphörner beträgt 7-7.5mm (darunter will Hans nicht gehen); mit einem Gewicht von 2.9-3.2kg liegen sie im Mittelfeld. Im Gegensatz zu meisten anderen Alphornbauern lackiert Hans seine Hörner innen und aussen; innen kommt ein Zwei-Komponenten-Lack zu Anwendung, der Feuchtigkeit, Säure und nuklearer Strahlung widerstehen sollen. Optisch auffallend ist der „Knick“ auf den letzten 50 cm vor dem Becher; beim Übergang zum Mittelteil verläuft das Rohr abrupt in einem etwas grösseren Winkel auseinander – eine Konsequenz der Bauweise des Becherteils, die jedoch auf den Verlauf der Mensur keinen Einfluss hat.
Ich konnte bei Hans drei unterschiedliche Alphörner anspielen: ein gewickeltes Alphorn in Weymouth-Kiefer und zwei Alphörner in Arve – eins gewickelt und eins ungewickelt. Das Weymouth-Horn war mit seiner wunderschönen Maserung eine spektakuläre Augenweide, im Klang für meinen Geschmack jedoch etwas trocken. Die Arven-Hörner klingen wärmer – darum wählen 80% seiner Kunden auch dieses Holz. Im direkten Vergleich zwischen zwei sonst baugleichen Instrumenten war auch der Effekt der Wicklung frappant: das ungewickelte Rohr reagierte viel empfindlicher auf kleinste Veränderungen im Ansatz. In schnellen Passagen oder mit Triple-Zunge hat ein solches Alphorn Flügel. Umgekehrt brauchen lyrische Passagen und gehaltene Töne auf dem ungewickelten Alphorn ein hohes Mass an Kontrolle. Die zusätzliche Masse der Wicklung zentriert den Ton und verbessert hörbar die Resonanz der Obertöne.
Bei meinem Besuch betrug die Temperatur im Probebraum knapp 12° Celsius; entsprechend klangen alle Hörner zu tief. Hans stimmt auf a1=440Hz; die gemessenen minus 25-30 Cts entsprechen ungefähr dem erwarteten Temperatur-Effekt (Faustregel 3 Cts pro 1°C). Zueinander intonieren die Töne in einem Band von rund +/- 10 Cts um die Idealwerte der Naturtonreihe – halbwegs kompetente AlphornbläserInnen werden bei der Intonation kein Problem haben. Die Obertöne sind schön harmonisch verteilt, im Vergleich zu einem Horn in Fichte nicht ganz so brilliant. In der Dynamik unterscheiden sich die drei Hörner deutlich voneinander – das gewickelte Arven-Horn zeigte sich zwischen pianissimo und fortissimo am ausgeglichensten.
Der Preis eines 3-teiligen Aebi-Alphorns beträgt 2’800-3’200 CHF. Hinzu kommen Tasche (375 CHF) und Mundstück (98 CHF). Wer neben der Standard-Stimmung in Fis auch in F spielen möchte, kann ein Zwischenstück oder ein separates Handrohr kaufen. Hans hat meistens 2-3 Alphörner an Lager – wer spontan ein Alphorn möchte, wird bei ihm fündig. Er ist auch oft mit Alphörnern an regionalen Jodlerfesten vor Ort. Alternativ kann man Aebi-Alphörner bei resunar kaufen.
Fazit: Sehr sauber verarbeitete Instrumente. Klang und Ansprache je nach Ausführungsvariante – von den getesteten Hörnern hat mir das gewickelte Arven-Horn am besten gefallen. Es ist zu hoffen, dass die Stabsübergabe mit den neuen Eigentümern ohne Missklänge weiter harmonisch funktioniert.
Hier noch ein paar Eindrücke:
Schreibe einen Kommentar