Alphornbauer – Alp’in wood

Mit 32 Jahren ist Romain Boulanger aktuell wahrscheinlich der jüngste Alphornbauer. Ich habe ihn am Rand meines Besuchs des Eidgenössischen Jodlerfestes getroffen und sein Alphorn ausprobiert.

Romain spielt seit der frühen Kindheit Trompete, noch heute ist er in einer Harmonie aktiv. Eher zufällig entdeckte er vor sieben Jahren das Alphorn. Via Alexandre Jous kam er zu den Sonneurs de Savoye. Neben dieser Grossformation bläst Romain auch mit dem Trio de la tournette erfolgreich in Nendaz und an den Jodlerfesten (in Zug mit Klasse 1). Ein grosser Glücksfall war die Begegnung mit Jean-Noël Place. Jean-Noël ist Mitglied der Sonneurs de Savoye und hat für deren Mitglieder über die Jahre mehrere Alphörner angefertigt – unter anderem das Alphorn von Robert Scotton (siehe Galerie, daneben Michel Rüfenacht mit einem Alphorn von Gérald Pot). Mit offenen Armen nahm er den gelernten Schreiner Romain als Nachfolger auf, teilte breitwillig seine Geheimnisse mit ihm und unterstützt ihn auch heute noch mit Ideen und Hinweisen. Vor wenigen Jahren hat Romain nun seinen eigenen Betrieb gegründet und baut – neben allgemeinen Schreinerarbeiten – auch Alphörner. Dabei ist er erst am Anfang: bisher hat er sieben Hörner verkauft, unter anderem für die Formation Les Entubés; aktuell arbeitet er an weiteren Bestellungen.

Romain betont, dass er sich bisher darauf beschränkt, die Arbeit von Jean-Noël weiterzuführen. Zusammen haben sie die Wanddicke und Masse etwas reduziert – ihr Instrument wiegt nun nur knapp 3kg. Mensur, Erscheinungsbild und Arbeitsweise sind identisch geblieben. Im Zentrum steht für Romain die Handarbeit. Zwar benutzt er eine kleine CNC Maschine für die groben Arbeiten. Er glaubt aber, dass bei der maschinellen Verarbeitung die feinen Fasern reissen und darum die Resonanzeigenschaften des Holzes leiden; deshalb schleift er die letzten 3-4mm manuell. Knapp 80 Stunden wendet er für ein Alphorn auf – das liegt auch daran, dass er bisher nicht in Serien produziert.

Jean-Noël hat seine Alphörner dreiteilig gebaut. Nun tüftelt Romain an einem vierteiligen Instrument, gegenüber mehrteiligen Modellen ist er eher skeptisch. Seine Alphörner sind nicht gewickelt; lediglich bei den Buchsen verwendet er Pedigrohr. Die Buchsen selbst stellt er aus Polyazetal her. Dieser thermoplastische Kunststoff ist im Gerätebau stark verbreitet (oft als POM/Delrin von DuPont), ist langlebig und zeigt ein ähnliches Schwingungsverhalten wie Holz. Gegenüber Alubuchsen spart er damit auch etwas Gewicht. Das Holz von Romains Alphörner stammt aus dem Jura. Im Forêt de Risoux kennt er einen Förster, der ihm passendes Resonanzholz liefert. Ins Auge sticht die Form des Bechers, der am Ende sehr konvex – fast wie der Becher einer Trompete – ausläuft. Das sehr schlichte Fässchen dreht er aus Buchsbaum. Hübsch finde ich das Füsschen mit einer einer Aussparung in Herzform. Die Hörner sind innen und aussen mit Bootslack lackiert.

Es war nicht ganz einfach, im Umfeld des Jodlerfestes ein Alphorn auszuprobieren. Wir haben schliesslich mit Romains persönlichem Instrument ein halbwegs ruhiges Plätzchen gefunden. Gefallen haben mir dabei vor allem die Leichtigkeit und Beweglichkeit über den gesamten Tonumfang. Virtuose Passagen und Tonsprünge gelingen auf diesem Instrument sehr gut. Dabei lässt sich auch die Dynamik gut variieren. Bei der Intonationskontrolle konnte ich keine Probleme feststellen – für ein leichtes Horn lassen sich die Töne auch recht gut biegen. Zum Klang kann ich mich angesichts der Übungsanordnung kaum äussern; wer jedoch die Vorträge in Zug verfolgte, hat gehört, dass kompetente Bläser/innen Romains und Jean-Noëls Hörner wunderschön zum Klingen bringen.

Bisher hat Romain seine Kunden über persönliche Kontakte in seiner Gegend gefunden. Dieses Netzwerk – insbesondere zu den hervorragenden Bläser/innen der Sonneurs de Savoye – unterstützt ihn auch bei der Weiterentwicklung seiner Instrumente. Mit dem Preis von 3050 EUR, inklusive F- und Fis-Rohr und Tasche positioniert er sich für den französischen Markt. Er ist damit aber auch für Käufer aus der Schweiz interessant, die eine ähnlich preiswerte Alternative zu Alphörnern aus Deutschland und Österreich suchen. Weitere Informationen und Bilder findet man auf seiner Website und dem Facebook Profil von Alp’in Wood. Unten meine persönlichen Eindrücke von unserem Treffen am 16. Juni 2023.

Fazit: Ein sehr sympathischer junger Alphornbauer, der die Chance des Kontakts zu einem erfahrenen Alphornbauer & dem Netzwerk der französischen Alphornszene gepackt hat und ein leichtes Allround-Alphorn zu einem kompetitiven Preis baut.

Youtube Video: Deutsche Untertitel verfügbar (evt. in Youtube aktivieren)

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