Alphornbauer – Sandro Faïta (résonance bois)

Man sollte sich vom jugendlichen Aussehen nicht täuschen lassen: Sandro Faïta hat bereits eine 20-jährige Karriere als professioneller Hornist in Frankreich, im Tessin und in Belgien hinter sich. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn vor gut zehn Jahren zu einer längeren Pause; danach wollte er nicht mehr ins klassische Orchester zurück. Statt dessen machte er eine Schreinerlehre und stieg in den Alphornbau ein. Den Betrieb résonance bois führt er zusammen mit seinem Geschäftspartner, der sich als Werkstattmeister um die Möbel und Inneneinrichtungen kümmert. Sandros Fokus liegt auf den Instrumenten – in erster Linie den Alphörnern, aber auch andern Blasinstrumenten wie dem Serpent. Bei meinem Besuch hat er mir ein Didgeridoo gezeigt, an dessen komplexe Mensur (konkave und zylindrische Abschnitte) er seit drei Jahren herumtüftelt. Auch das Musizieren hat er nicht ganz aufgegeben: Mit der Formation Cors de Lyon ist er Teil der sehr aktiven französischen Alphornszene. Und wenn er in seine Hörner bläst, produziert er einen sehr präsenten Sound, der mit seiner sonst bescheidenen und stillen Art wunderbar kontrastiert.

Auf seinem Werdegang zum Alphornbauer hat Gérald Pot eine wichtige Rolle gespielt. Gérald hat ihm die Schablone zur Verfügung gestellt, auf dessen Basis Sandro seine ersten Prototypen baute. Der grossen Mensur ist er treu geblieben. Er hat aber drei weitere Jahre experimentiert, bis er seine eigene Interpretation des Alphorns fand. Seine Kernidee ist ein langer Becher aus einem Stück. Konsequent setzt er dabei auf einen Schwingfuss, dessen Idee er bei Roger „Zaneth“ Zanetti abgeschaut hat. Auch heute noch entwickelt er seine Instrument laufend weiter. Er hat Versuchsreihe zum Schwingverhalten unterschiedlicher Materialen durchgeführt und baut nun seine Fässchen aus einem Verbundmaterial auf Muschel-Basis, das ähnliches Eigenschaften wie Tierhorn habe.

Sandros Hörner haben eine eigene, moderne Formsprache. Das trifft insbesondere auf das „geflammte“ Modell zu. Sandro räumt ein, dass es sich dabei ursprünglich um eine Behelfslösung handelte (er fand anfangs kein Holz in der notwendigen Dicke) und dass die Verleimung zweier Hölzer aus Sicht der Instrumenten-Akustik wahrscheinlich suboptimal ist. Allerdings dürfte der Effekt höchstens marginal sein und wird durch die ausgesprochen elegante Optik aufgewogen. Auffallend ist auch die geschwungenen Mensur, welche dem Rohr aussen eine Form gibt, die fein an eine Violine erinnert.

In der Herstellung hat auch Sandro vor ein paar Jahren den Schritt zum CNC gemacht. Die Umstellung nahm viel Zeit Zeit und zwang ihn, seine Pläne nochmals zu überarbeiten. Beim Einsatz der Verbundmaterialen hat er schon Versuche mit 3D-Druck gemacht. Speziell auch das Vorgehen bei der Innenlackierung: Sandro lackiert die Rohrhälften jeweils vor dem Zusammenkleben und erhält damit eine perfekte Lackfläche im Rohr. Das Holz von résonance bois stammt vorwiegend aus dem französischen Jura / Haut Doubs, teilweise auch aus der Schweiz (Bois du Risoux). Sandro betont, dass die Suche nach einer Sägereien, welche den speziellen Bedürfnissen eines Alphornbauers erfüllen, eine echte Herausforderung ist.

Ich durfte in der Werkstatt von résonance bois, mitten in Lyon, eines seiner Instrumente mit einem Handrohr in Fis ausprobieren. Sandro baut ungewickelte Hörner (bloss die Buchsen des von mir gespielten Modells waren mit Pedigrohr umwickelt). Mit einer Wandstärke von 7-8mm sind sie aber nicht dünnwandig, und aufgrund der grossen Mensur hat das Alphorn relativ viel Masse. Bei Spielen reagiert es trotzdem sehr leicht. Positiv aufgefallen sind mir Brillianz und Präzision – ein ideales Horn für die klassische Musik. Zum weich und breit Spielen vielleicht etwas weniger geeignet. Die Ansprache ist über den gesamten Umfang überdurchschnittlich gut. Die Dynamik lässt sich sehr gut variieren. Auch die Intonation ist problemlos. Auch im ganz hohen Bereich bis c“‘ und darüber hinaus klingt das Horn noch sauber.

Viele von Sandros Kunden sind professionelle Hornisten aus dem französischsprachigen Raum – Frankreich, Belgien, und neuerdings auch Kanada (Quebec – dort wird Alphorn zu Weihnachten geblasen). Ein wichtiger Markenbotschafter ist der französische Alphornist Alexandre Jous. Über das Festival in Nendaz hat Sandro auch eine Kundenbasis in der Schweiz.

Sandro baute jeweils 4er-Serien und braucht dafür etwa einen Monat. Die Wartezeit beträgt etwa 1-3 Monate ab Bestellung. Im Preis um 3000 EUR (inklusive französische Mehrwertsteuer) sind bereits Handrohre in F & Fis, eine Tasche und Mundstück enthalten. Sandro betont, dass es auf dem französischen Markt schwierig ist, Instrumente zu einem höheren Preis an die Kunden zu bringen. Fotos und weitere Informationen zu den Alphörnern von résonance bois findet man auf seiner Website, Facebook und in diesem Beitrag von franceinfo. Unten ein paar Eindrücke von meinem Besuch im Mai 2023.

Fazit: Ein modernes Alphorn mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis, von einem klassischen Musiker, der im Handwerk sein Glück gefunden hat.

Youtube Video: Deutsche Untertitel verfügbar (evt. in Youtube aktivieren)

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